Jan Schäfer und Michael Hammer im Interview

VON MICHAEL KOLL (freiberuflicher Redakteur)

 

Neuenrade – Erstmals seit 2010 geht die Neuenrader FDP wieder mit einem eigenen Bürgermeister-Kandidaten in den Kommunalwahlkampf. Nach Wolfgang Schröder (2010) und Claudia Kaluza (1999) ist nun Jan Schäfer der Bewerber um den Posten des Stadtoberhauptes und Verwaltungsleiters.

Der 29-Jährige ist Polizeioberkommissar. Jan Christopher Schäfer hat einen Bachelor-Abschluss im Studiengang Öffentliche Verwaltung, Fachrichtung Polizei, den er an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW in Hagen erwarb.

Schäfer ist in Menden geboren und aufgewachsen. Er ist seit dem 30. April 2020 verheiratet. Seine Gattin, eine gebürtige Blintroperin, heißt Chiara Nadine. Das Paar hat keine Kinder. Seit 2015 lebt der Kommunalpolitiker in Neuenrade. Den Freidemokraten trat er Ende 2018 bei.

Michael Koll sprach mit ihm sowie dem Vorsitzenden des Neuenrader FDP-Ortsverbandes Michael Hammer.

 

Herr Schäfer, wann haben Sie sich entschlossen, als Bürgermeister für Neuenrade zu kandidieren?

Schäfer: Das hat sich seit Beginn des Jahres in Gesprächen mit Michael Hammer entwickelt. Wir sind nicht nur berufliche Kollegen, sondern auch privat befreundet. Und wir beide haben die Partei neu aufgebaut in den vergangenen anderthalb Jahren. Dabei haben wir die Zahl der Mitglieder von sechs auf 14 mehr als verdoppelt – hauptsächlich mit jungen Leuten.

Hammer: Wir haben uns überlegt, dass es nicht sein kann, dass es in einer Stadt wie Neuenrade keine Wahl gibt, keinen Gegenkandidaten zum Amtsinhaber. Wir sehen schon ein großes Wählerpotenzial für die Liberalen.

Schäfer: Wir dachten uns: Wenn wir die Parteiführung vor Ort übernehmen, dann wollen wir auch richtig Gas geben. Dann wollen wir richtig anpacken.

 

 

Was verstehen Sie unter solch einem frischen Wind?

Schäfer: Wir müssen die Stadtentwicklung schneller vorantreiben. Das heißt, Neuenrade muss sich im Vergleich mit den Städten im Umkreis Vorteile erarbeiten. Man muss sich dafür auch einmal etwas trauen. Man muss also etwas investieren, ohne sich finanziell zu übernehmen. Ein Beispiel: Warum bauen wir in der Niederheide nicht in den Gesamtkomplex, in welchem ein neuer Aldi entsteht, auch ein neues Hallenbad ein? Zumindest sollten wir diese Option einmal prüfen.

 

Was entgegnen Sie Wählern, die Sie möglicherweise für zu jung halten, um das Amt des Bürgermeisters auszufüllen?

Schäfer: Ich bin ja nun auch keine 18 Jahre mehr. Aufgrund meiner beruflichen Laufbahn habe ich schon reichlich Menschenkenntnis erworben.

Hammer: Das junge Alter ist meines Erachtens nach eher ein Vorteil und ein Pluspunkt. Der Wähler hat somit die Möglichkeit zwischen Bewerbern aus zwei Generationen zu entscheiden. Als Polizist erhält man überdies Lebenserfahrung komprimiert und hoch dosiert.

Schäfer: Vielleicht gibt es Einzelne, die sagen: Der ist zu jung. Aber aufgrund des demografischen Wandels muss das grundsätzliche Ziel sein, die Stadt auch in der Zukunft für alle Altersschichten attraktiv zu erhalten.  Wir wollen beispielsweise dem Klimawandel begegnen, den Umbau aber effektiv gestalten. Das Kapital Neuenrades ist die tolle Landschaft hier. Diese dürfen wir nicht auf der einen Seite mit Windrädern und auf der anderen mit einer Umgehungsstraße kaputt machen.

Hammer: Sollte die Elektromobilität von der Bevölkerung mehrheitlich angenommen werden, so gehen Lärm- und Abgas-Emmissionen künftig ja sowieso zurück. Und die angedachten Kreisverkehre in der Stadt würden den Verkehrsfluss gegebenenfalls so sehr verbessern, dass eine Umgehungsstraße gar nicht mehr nötig sein könnte.

Schäfer: Ich bin gegen die ortsnahe Trasse der Umgehungsstraße. Die Kreisverkehre fände ich hingegen begrüßenwert. Und ich bin übrigens auch klar gegen einen Windräder-Standort auf dem Kohlberg, nicht gegen Windkraft generell.

 

Was würden Sie anders machen als der aktuelle Bürgermeister?

Schäfer: Ich wünsche mir ein Miteinander – unter den verschiedenen Ratsfraktionen, aber auch ein Miteinander von Politik und Bürgern. Bisher hat man in Neuenrade das Gefühl, dass es einer Partei nicht um die Sache geht, sondern um Personen. Wir müssen das von der Mehrheitsfraktion beanspruchte Ideenmonopol dringend auflösen. Die Uhren in Neuenrade drehen sich sehr langsam, weil hier persönliche Befindlichkeiten eine sehr große Rolle spielen. Ein Beispiel: Wir stellten Ratsanträge zur Sicherheit. Aus der Verwaltung hieß es dann plötzlich, das werde doch alles schon gemacht. Nur war davon war uns vorab nichts bekannt. Die Verwaltung wurde vermutlich  nur schnell aktiv, damit man keinem FDP-Antrag zustimmen musste.

Hammer: Zum  Thema Sicherheit vielleicht eine Anregung: Vielleicht lassen sich zerstörte Scheiben an Bushaltestellen ja auch mit Plexiglas ersetzen, das nicht so leicht kaputt gemacht werden kann? Zurück zur Eingangsfrage: Ich beschreibe Jan Schäfer folgendermaßen: Er ist innovativ, unvoreingenommen und dynamisch.

Schäfer: Ich bin vom Alter doch genau in der Mitte zwischen Senioren und der Jugend.

Hammer: Und ich habe großen Respekt davor, dass er sich in seinem Alter schon eine Kandidatur zutraut. Das muss ich auch einmal ganz klar sagen.

 

Wie würden Sie im Falle eines Wahlsieges als Bürgermeister mit der jetzigen Mehrheitsfraktion umgehen?

Schäfer: Sollte ich ein Büro im Rathaus beziehen, werde ich mit der CDU einen offenen Dialog führen und mich über deren gute Ideen freuen. Ich würde Anträge nach deren Inhalt beurteilen und nicht danach, wer diese gestellt hat. Dies scheint mir leider bislang nicht der Fall zu sein.

Hammer: Die Uhren werden im Falle einer Wahl Schäfers wieder auf Null gestellt.

 

Wir sprachen schon über die Windkraft-Anlage. Ein weiteres wichtiges Thema für Neuenrade ist aber auch der Neubau der Moschee. Was sagen Sie dazu?

Schäfer: Baurechtlich gibt es nichts dagegen zu sagen. Und außerdem haben wir die Religionsfreiheit, die es zu schützen gilt. Ich sehe das also ganz pragmatisch.

Hammer: Es sind ja auch bereits Kompromisse gemacht worden zwischen der türkischen Gemeinde und der Stadt.

Schäfer: Noch etwas: Eine Bürgerinitiative ist zunächst einmal grundsätzlich eine gute Sache, sie steht für die Sicherung der Meinungsfreiheit. Ob ein Dialog mit der Bürgerinitiative gegen den Moscheebau allerdings einfach ist, kann ich nicht einschätzen. Ich bin für Gespräche jedoch jederzeit offen. Das gilt aber auch für alle anderen Themenfelder und Interessensgruppen. Wer ein Anlegen hat, welcher Art auch immer, findet bei mir stets ein offenes Ohr.

 

Wie ist denn Ihre Haltung zum Medizinischen Versorgungszentrum?

Schäfer: Die Entscheidung für den Standort Hinterm Wall ist gut für die Stadt. Die kann man nur begrüßen. Es wäre allerdings besser gewesen, wenn dieser Plan von vornherein so kommuniziert worden wäre. Dann hätte es nie Streit darüber gegeben.

Hammer: Die Opposition wurde nicht mit ins Boot geholt. Es stimmt, wir hätten von Anbeginn einen Konsens gehabt, wenn die CDU diese jetzige Vorgehensweise  vom Start weg so kommuniziert hätte.

Ich behaupte es wäre so von Anfang an eine konsensuale Lösung mit allen Fraktionen möglich gewesen.

 

Und wie ist Ihre Position zur Tempo-30-Zone auf der Bahnhofstraße?

Schäfer: 30er-Zonen sind sinnvoll in Wohngebieten, aber nicht auf einer so ausgebauten Straße in einem Gewerbegebiet.

Hammer: Politik sollte immer mit Sinn und Verstand erfolgen. Und ein Sinn ist bei dieser Maßnahme nicht zu erkennen. Im Gegenteil, sie schränkt die Verkehrsteilnehmer unnötig ein.

 

Eine etwas andere Frage: Warum leben Sie gerne hier in Neuenrade?

Schäfer: Es ist wirklich schön hier. Das kann ich gerade als Zugezogener sagen. Da sollten wir zusehen, dass die Stadt so lebenswert bleibt, wie sie ist.

Hammer: (nickt)